Strom speichern leicht gemacht: Wasserstoff und Methanol statt Batterie und Speichersee

2022-09-18 01:53:22 By : Maoye woodworking machinery

Sollen Energiewende und Defossilierung gelingen, braucht es Stromspeicher, um die volatile Wind- und Sonnenenergie vorzuhalten. Ein heißer Kandidat für die stoffliche Speicherung ist Wasserstoff, doch das leichte Gas ist extrem flüchtig. Könnte „grünes“ Methanol zum Gasspeicher der Zukunft werden? Daran arbeiten Forscher am Leibniz-Institut für Katalyse. Erste Ergebnisse sind vielversprechend...

Alle reden vom Wasserstoff: Ob als Treibstoff für Busse und Bahnen, als Koppelprodukt der Chlorchemie, als Baustein für Power-to-X-Konzepte oder als Stromspeicher der Energiewende, das leichte Gas soll es richten. Doch während die H2-Elektrolyse ein alter Bekannter aus dem Chemieunterricht ist, steckt der Umgang mit Wasserstoff voller Tücken. Mit seinen kleinen Molekülen und dem hohen Diffusionskoeffizient ist das Gas extrem flüchtig. Bei metallischen Werkstoffen kann ein Eindringen von H2 in das Kristallgitter zur Versprödung und in Folge zu Ermüdungsbrüchen führen. Der Umgang mit tiefkalten Flüssiggasen wiederum stellt den Anwender vor ganz andere Probleme.

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Ließe sich der Wasserstoff in eine leichter zu händelnde und gut speicherbare Verbindung umwandeln, wäre eines der Hauptprobleme der "Wasserstoffwirtschaft" gelöst, sind sich viele Experten sicher. Ein heißer Kandidat: Synthetisches Methanol. Der einfachste Alkohol gilt als ein geeigneter Kandidat zu stofflichen Energiespeicherung, betont Dr. Henrik Junge, vom Leibniz-Institut für Katalyse (Likat) in Rostock: „Methanol lässt sich im Unterschied zu Wasserstoff gut handhaben und auch über weite Strecken transportieren.“ Ein angenehmer Nebeneffekt: Bei der Methanolsynthese könnte CO2 aus Abgasströmen als "Rohstoff" genutzt werden.

Doch wie wird aus Wasserstoff ein Methanol? In der Industrie gibt es dazu drei wesentliche Verfahren, die alle bei Überdruck und hohen Temperaturen (je nach gewähltem Syntheseschritt zwischen 200°C und 400°C) Synthesegas, eine Mischung aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff, katalytisch umsetzen. Der Rohstoff wird etwa aus der Dampfreformierung von Erdgas gewonnen, hat also zunächst nichts mit "grüner" Energie zu tun.

Was jedoch, wenn man statt Syngas eine Kommbination von Elektrolyse-Wasserstoff und CO2 nutzen könnte? An dieser Idee arbeitet ein von Dr. Junge koordiniertes Projektteam am Likat. Das entsprechende Verfahren, zuerst in Nature veröffentlicht, soll jetzt zur Enabler-Technologie des Projektes Metha-Cycle, einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Konzeptes zur Speicherung und Nutzung regenerativer Energien werden.

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"Erstmals wurden dabei Windkraft, Elektrolyse und CO2-basierte Methanolsynthese sowie die Rückverwandlung des Methanols in H2 direkt miteinander verbunden. Eine solche direkte Kopplung hat es bisher noch nicht gegeben“, sagt Projekt-Koordinator Dr. Henrik Junge

Jetzt soll das Konzept die Energiewende auf dem Lande beschleunigen: Es erlaubt Unternehmen und Kommunen, sich vom Windkraftaufkommen unabhängig mit „grünem“ Strom zu versorgen. Denn regenerative Energie fällt bekanntermaßen nicht immer dann an, wenn sie am nötigsten gebraucht wird. Bei Meta-Cycle sollen Windkrafträder oder Photovoltaik-Anlagen Strom zur Elektrolyse von Wasser bereit stellen. So wird Wasserstoff erzeugt, der wiederum mit CO2 in Methanol umwandelt wird.

Es geht aber auch umgekehrt: Bei Bedarf wird Methanol in H2 rückverwandelt und direkt im Anschluss in einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung genutzt. Im Forschungsverbund Metha-Cycle unter Leitung des Likat nutzten die Partner außerdem die Abwärme der Brennstoffzelle, um der Wasserstoff-Rückgewinnung einen Teil der nötigen Reaktionswärme zuzuführen. Die Testanlage der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg hat im Frühjahr mit knapp 500 Stunden Laufzeit die Funktionstüchtigkeit des Konzepts demonstriert. Die Brennstoffzelle, entwickelt vom Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) Duisburg, produzierte kontinuierlich Strom mit einer Leistung bis zu 39 Watt.

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Dafür analysierten die Forscherinnen und Forscher am Likat, wie ein Ruthenium-Katalysator in der Methanollösung arbeitet, um den Wasserstoff wieder freizusetzen. Bei diesen „mechanistischen Untersuchungen“, wie das Team die Arbeiten nennt, entdeckten die Verfahrens-Entwickler drei kaskadenartig verbundene Schritte: Am Ende der ersten beiden Schritte entsteht jeweils schon ein Teil des Wasserstoffs und zusätzlich ein Zwischenprodukt, ein sogenanntes Intermediat. Im ersten Schritt ist es Formaldehyd, das im Beisein des Katalysators dann im zweiten Schritt weiterverarbeitet wird. Daraus entsteht im zweiten Schritt ein alter Bekannter: Ameisensärue.

Damit kennt man sich am Likat eigentlich aus, ist doch den Rostockern schon vor 20 Jahren gelungen, aus Ameisensäure bei Raumtemperatur H2 zu gewinnen. Eigentlich - denn ausgerechnet der dritte Schritt, der von der Ameisensäure zu Wasserstoff, erwies sich als der langsamste, wie Henrik Junge sagt. „Er bremste das gesamte System.“ So hätte die Brennstoffzelle nicht schnell genug Nachschub an H2 bekommen.

Um die Kaskade auf Trab zu bringen, entschieden die Forscher sich letztlich für ein bi-katalytisches System: sie gaben ihrem Ruthenium-Katalysator als Helfer einen zweiten Katalysator an die Seite. Überraschenderweise brauchten sie dazu ihren ersten Katalysator nur etwas zu modifizieren.

Üblicherweise braucht es hohen Druck und Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius, um aus dem Methanol Wasserstoff zu gewinnen. Das machte eine allgemeine Anwendung im Rahmen von Energiekonzepten bisher wenig attraktiv. 2013 beschrieben Likat-Chemikerinnen und Chemiker dann im Magazin Nature, wie sie mithilfe eines Ruthenium-Katalysators bei milden Bedingungen unter hundert Grad Celsius aus einer wässrigen Methanollösung H2 und CO2 erzeugten. Diese Reaktion galt es nun zu optimieren. Denn um eine Brennstoffzelle dauerhaft befeuern zu können, muss der chemische Prozess ausreichend H2 pro Zeiteinheit zur Verfügung stellen, und dies auch in gewisser Reinheit.

Zu diesem Zweck nahm sich die Forschungsgruppe um Dr. Junge und Likat-Direktor Prof. Dr. Matthias Beller vor, die molekularen Abläufe der Reaktion zu analysieren. Mit Partnern für ein Verbundprojekt war Henrik Junge schon im Gespräch, und zwar mit dem Ziel, „das Aufkommen regenerativer Energie von ihrem Verbrauch zu entkoppeln“, wie er sagt. Inzwischen begann alle Welt über die Rolle von Wasserstoff und Methanol für eine Energiewende zur Rettung des Klimas nachzudenken. Im Herbst 2016 übernahm das BMWi die Förderung des Projektes Metha-Cycle für dreieinhalb Jahre mit einem Gesamtumfang von insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Ebenso überrascht wurden die Chemikerinnen vom synergetischen Effekt. Dr. Junge: „Im Zusammenschluss ermöglichten die beiden Katalysatoren eine bessere Ausbeute, als die Summe ihrer Einzelleistung erbracht hätte.“ In Erlangen machten die beteiligten Verfahrenstechniker der FAU den Bi-Katalysator für einen kontinuierlichen Prozess in der Testanlage fit, mit der das Forschungskonsortium von Metha-Cycle die Funktionstüchtigkeit des Konzepts letztlich unter Beweis stellte.

Dazu imprägnierten sie einen festen hochporösen Träger mit dem katalytisch aktiven Komplex aus Rostock. Über diesem Träger fließen kontinuierlich Methanol-und Wasserdampf. Ebenso kontinuierlich wird der entstandene Wasserstoff abgeleitet, um in der angeschlossenen Brennstoffzelle sofort verstromt zu werden.

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Das Projekt Metha-Cycle wird vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mit 1,8 Millionen Euro gefördert.

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