Kompostierbare Plastiktüten stören Kreislaufwirtschaft der AWG Bassum

2022-04-21 08:03:24 By : Ms. Sunny Li

Abfall ist seit Jahrzehnten schon kein Müll mehr, sondern elementarer Teil eines Wirtschaftskreislaufs. So entsteht aus den rund 60 000 Tonnen Bioabfällen, die Bürger über Biotonnen oder Grünschnittsammelstellen im Landkreis entsorgen, Biogas und Kompost. Mittlerweile wirkt die AWG (Abfall Wirtschafts Gesellschaft) an der Herstellung torffreier Blumenerde mit. Aber Plastik wirft lange Schatten auf die Produktion.

Landkreis Diepholz – Weil Bürger ihre Küchenabfälle in Plastiktüten entsorgen, wird die Kompostproduktion immer wieder empfindlich gestört. Mit braunen Papierbehältern will die AWG gegensteuern – die ersten gibt es kostenlos direkt ins Haus. Zusammen mit dem Abfallkalender, so AWG-Geschäftsführer Andreas Nieweler, werden die Testtüten und ein Gutschein für fünf weitere verschickt – und sind danach auf den Wertstoffhöfen der AWG zu haben: 50 Stück für 2,50 Euro.

Umweltbewusste Bürger nutzen solche Tüten bereits seit Jahren. Sie gehören zum Angebot im Supermarkt – ebenso wie kompostierbare Plastiktüten. Aber genau die eignen sich nicht für Bioabfälle aus den Küchen im Landkreis Diepholz. Denn die Zersetzungszeit dieser Tüten ist deutlich länger als die Produktionszeit des Komposts, den die AWG herstellt.

„Am Ende des Tages reden wir über Kreislaufwirtschaft“, erklärt Andreas Nieweler. Denn der Kompost sei ein vollwertiger Dünger und werde deshalb in der Produktion der torffreien Blumenerde eingesetzt. Darum müsse die Qualität unbedingt stimmen, denn das Produkt werde ja in den Kreislauf der Natur zurückgegeben.

28 000 Tonnen Kompost jährlich produziert die AWG. Ein knappes Drittel davon holen Landwirte und düngen damit ihre Felder. Etwa 30 Prozent der Produktion landet also auf dem Acker – im besten Sinne des Wortes. „Früher waren es mal 100 Prozent“, blickt Andreas Nieweler zurück.

Ein Teil geht in die Herstellung der „Deefolter Krume“, die torffreie Blumenerde. Kompost ist ein wichtiger Bestandteil dafür. „Die Erdenwirtschaft ist grundsätzlich an Kompost interessiert“, versichert Andreas Nieweler.

Qualitätssicherung spielt deshalb eine große Rolle. Zum einen trägt das Produkt das Gütezeichen RAL – vergeben vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, das strengere Maßstäbe anlegt als der Gesetzgeber. Zum anderen führe die Bundesgütegesellschaft Kompost (BGK) regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch, erläutert der AWG-Geschäftsführer.

Wie entsteht der Kompost – und welche Störfaktoren gibt es? Die Rohstoffe kommen laut AWG-Geschäftsführer aus zwei Quellen: zum einen aus den Biotonnen mit Rasenschnitt und Strauchästen, Alt-Gartenpflanzen sowie Küchenabfällen bei den regelmäßigen Sammlungen. Tag für Tag kippen Entsorgungsfahrzeuge diese Mischung bei der AWG ab. Zum anderen kommt Sammelgut von den Grünabfallstellen im Landkreis.

Der Schredder zerkleinert diese Bestandteile. Aus der Mischung entsteht eine homogene Masse, die grob gesiebt wird: Alle Bestandteile, die größer sind als acht Zentimeter, werden entfernt – auch Plastik. Aber das kann ein aufwendiger Prozess sein: Nicht nur Plastiktütenreste, sondern auch Teile von Plastiktellern oder Plastikgabeln können durchrutschen.

Von anderen Störstoffen ganz zu schweigen: Ein Magnetabscheider „filtert“ Metallteile aus der Masse – und bringt so Messer, Gabeln oder Löffel, Rosenscheren, Kronkorken oder Dosen ans Tageslicht. Das beweist der Inhalt des Sammelbehälters. „Zurzeit beträgt der Störstoffgehalt weniger als 1,5 Prozent“, berichtet der Geschäftsführer. Will heißen: Auf 100 Kilogramm Masse kommen 1,5 Kilogramm Störstoffe. Sie müssen am Ende über den Restabfall entsorgt werden.

Im dritten Schritt wird die kompostierbare Masse noch einmal gesiebt, um nun Stücke unter acht Zentimeter zu entfernen. Erst danach beginnt der Verwandlungsprozess: Im luftdicht verschlossenen Fermenter zersetzen Mikroorganismen die Masse. Dabei produzieren sie Biogas, aus dem die AWG nicht nur Strom erzeugt. Sie liefert auch Wärme für das Krankenhaus Bassum. 21 Tage dauert der Gärprozess, danach werden die Rottemieten belüftet. Mit der Sauerstoffzufuhr beginnt der aerobe Teil der Kompostherstellung. Die Masse schrumpft im Zersetzungsprozess auf etwa die Hälfte – und wird auf dem Weg bis zum Endprodukt in fünf Rottegrade eingeteilt.

Der Fertigkompost hat Rottegrad 5: „Wie Erde“, beschreibt Andreas Nieweler die Konsistenz dieses Stoffs. Material mit dem Rottegrad 3 ist der Rohstoff für die Erdenwerke oder die landwirtschaftliche Verwendung.

Ziel der AWG ist es, die Kompostherstellung so effektiv wie möglich zu gestalten. Elementare Voraussetzung dafür: so wenig Störstoffe wie nur eben möglich. Deshalb hat die AWG die Komposttüten-Akion gestartet. Die Bürger in den ersten Kommunen sind bereits mit dem Probeset versorgt. Schritt für Schritt werde die Verteilung in den weiteren Kommunen fortgesetzt, so Andreas Nieweler.